Aufgrund der negativen Erfahrungen in der Versorgung von Inkontinenz-Patienten und der laufenden Ausschreibung der KKH zur Stoma-Versorgung, sieht die Selbsthilfe Stoma-Welt e.V. eine qualitativ gute Hilfsmittel-Versorgung von Stomaträgern in Gefahr. Wir stimmen der Einschätzung zu des Patientenbeauftragten der Bundesregierung Herrn Laumann zu, dass in den Ausschreibungs-Verfahren der Krankenkassen der Qualitäts-Aspekt in der Versorgung zu kurz gekommen ist und hier von Seiten des Gesetzgebers nachgebessert werden muss.
Zur Unterstützung der aktuellen politischen Diskussion hat der Vorstand der Selbsthilfe Stoma-Welt e.V. folgende Forderungen aufgestellt:
Jetzt auch 160.000 Menschen mit künstlichem Darmausgang von Hilfsmittel-Ausschreibung betroffen
Leider haben die Aktivitäten des Patientenbeauftragten Herrn Laumann, des Petitions-Ausschusses und auch der angekündigte Gesetzesentwurf des Gesundheitsministeriums in den vergangenen Monaten nicht dazu geführt, dass die Krankenkassen zunächst von der bisherigen Praxis absehen, im Rahmen von Ausschreibungen alleine dem günstigsten Anbieter den Zuschlag zu geben. Im Gegenteil, mit der Kaufmännischen Krankenkasse KKH führt derzeit eine Krankenkasse eine Ausschreibung in einem weiteren kritischen Versorgungsbereich durch, in der Hilfsmittel-Versorgung von Stoma-Patienten.
Keine Teilhabe ohne hochwertige Hilfsmittel!
Nach Erhebung der Barmer/GEK leben 160.000 Menschen in Deutschland mit einem „künstlichen Darmausgang“ (med. Stoma). Das Stoma ist eine von Chirurgen bewusst herbei geführte Körperbehinderung, die schlimmeres verhindern soll. Oft ist das Stoma ein Lebensretter, z.B. für Darmkrebs-Patienten, die so geheilt, aber für eine gewisse Zeit oder oft auch für den Rest Ihres Lebens mit einer stark tabuisierten Behinderung leben müssen.
Wie auch Inkontinenz-Hilfen gehören die Hilfsmittel zur Stoma-Versorgung zu den zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln. Die sogenannten Stoma-Beutel, mit denen die aus einer Körperöffnung im Bauch unkontrolliert austretenden Körperausscheidungen aufgefangen werden, sind für die betroffenen Patienten unentbehrliche alltägliche Begleiter, ohne die eine Teilhabe schlicht unmöglich ist, in allen Lebensbereichen. Dass ein Stoma heute überhaupt eine Therapie-Option ist, verdanken wir der Qualität der Hilfsmittel.
Massiver Einbruch der Versorgungs-Qualität absehbar
Unsere Befürchtung ist, dass andere Krankenkassen dem Beispiel der KKH folgen und die heute üblichen Monatspauschalen zu Lasten der Versorgungsqualität deutlich abgesenkt werden. Dabei ist eine vergleichbare Entwicklung wie in der Inkontinenz-Versorgung absehbar:
- eine massive Einschränkung in der Wahl der Leistungserbringer,
- eine aufzahlungsfreie Versorgung nur noch mit Hilfsmitteln, die Minimal-Anforderungen genügen und eine Teilhabe nur noch unzureichend gewährleisten.
Ambulante Betreuung in Gefahr
Ein weiteres Problem für Stoma-Patienten ist der zu erwartende Einbruch in der ambulanten Betreuung. Die Betreuung eines Stoma-Patienten geht über die initiale Anpassung und die reine Anleitung in der Nutzung der Hilfsmittel hinaus. Jeder Mensch, jeder Bauch ist anders und auch jedes Stoma ist anders.
Mit der selbständigen Anpassung der Hilfsmittelversorgung an veränderte Körperbedingungen (z.B. Zu- oder Abnahme) oder auftretenden Komplikationen (Hautentzündungen durch Kontakt mit den Ausscheidungen, parastomale Hernien u.a.) sind die Patienten oft überfordert. In diesen Fällen ist eine qualifizierte ambulante pflegerische Unterstützung notwendig, die heute überwiegend im Rahmen der Stoma-Versorgung durch Sanitätshäuser und HomeCare-Unternehmen gewährleistet wird.
Alternative ambulante Anlaufstellen, z.B. spezialisierte Sprechstunden in Kliniken, sind die Ausnahme und bieten keine flächendeckende Unterstützung.
Die Selbsthilfe Stoma-Welt e.V. fordert deshalb den Gesetzgeber auf, folgende Punkte zu berücksichtigen:
- die verpflichtende regelmäßige Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnis unter Berücksichtigung der fortlaufenden Weiterentwicklung und Verbesserung der verfügbaren Hilfsmittel,
- die Aufnahme einer mit der Abgabe der Hilfsmittel zur Stomaversorgung verbundenen Dienstleistung im Hilfsmittelverzeichnis, die den tatsächlichen Bedarf der Patienten berücksichtigt,
- eine aufzahlungsfreie Hilfsmittel-Versorgung, die jedem Stoma-Patienten ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht,
- die Wahlmöglichkeit zwischen allen am Markt verfügbaren Hilfsmitteln zur Stoma-Versorgung in der Form, dass Nischen-Produkte, die besonders schwierige Versorgungs-Situationen abdecken, nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden,
- eine aktive und transparente Information der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten über den gesetzlich zugesicherten und darüber hinaus mit den Vertragspartnern vereinbarten Leistungsanspruch,
- eine verpflichtende Kontrolle der Versorgungsqualität durch die Krankenkassen über Patientenbefragungen und Veröffentlichung der Befragungs-Ergebnisse.
Zu den ersten beiden Punkten liegt dem Spitzenverband der Krankenkassen seit mehr als zwei Jahren ein konkreter Vorschlag der Fachgesellschaft Stoma, Kontinenz, Wunde e,V. (FgSKW) vor, der auch mit Hilfsmittel-Hersteller-Unternehmen und Selbsthilfe-Vereinen abgestimmt ist.
Diese Forderungen wurden mit Schreiben vom 20. Mai 2016 an den Bundesgesundheitsminister Herrn Gröhe übermittelt.
Ein Gedanke zu „Forderung zur aktuellen Situation in der Hilfsmittel-Versorgung von Stomaträgern“
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